Mar 16, 2022
Es heißt, so manche Yogis, die den “erleuchteten” Zustand Samadhi erreichten, haben ihren Puls so signifikant verlangsamt, dass sie irrtümlicherweise für tot erklärt wurden. Daher hängt der eine oder andere Yogi ein Schild mit dem Hinweis an die Tür, dass er in Samadhi sei.
Auch wenn Yoga heute eine beliebte Sportart ist, geht der weitere Sinn der Yoga-Philosophie oft auf Kosten des reinen Körperbewusstseins verloren. Eine ausgewogene Yogapraxis mit all ihren körperlichen und mentalen Vorteilen beinhaltet jedoch einiges mehr als Vinyasas und Pranayama, denn es existiert eine komplette Yoga-Lebensweise.
Was steht hinter der uralten Yoga-Philosophie, und wie können wir sie uns im modernen Leben zunutze machen? Das und was es mit Patanjali, Ashtanga Yoga und den 8 Pfaden auf sich hat, erfährst Du in unserem Blogartikel.
Ähnlich wie wir heute stellten sich die Yogis schon vor über 2000 Jahren Fragen zur Existenz und zum Sinn des Lebens. Dabei ist Yoga eine alte Denkweise, die sich auf altindische, heilige Texte, die Veden bezieht.
Diese wurden von weisen Priestern, den Brahmanen, bereits etwa 2000 vor Christus mündlich überliefert. 1000 Jahre später gab es die ersten Niederschriften und die Veden erreichten ein noch breiteres Publikum. Eine der wichtigsten von ihnen, die Rigveda, stellt existenzielle Fragen nicht unähnlich derer, die wir uns heute stellen: Gibt es einen Gott? Wie entstand die Welt und wie viel Wissen können wir Menschen überhaupt erlangen?
Das Wort Yoga in Sanskrit bedeutet so viel wie “Zusammenbinden” oder “Vereinigung” und diese Darstellung von Yoga als Einheit findet sich bereits im Rigveda. Die Verbindung des Einzelnen mit dem großen Ganzen nimmt hier eine wichtige Rolle ein und besagt, dass das Selbst das Göttliche ist, und dieses wiederum das “Alles”. Gott steckt demnach in allem, was uns umgibt und auch in uns selbst. Durch Meditation sollen wir also unser wahres Selbst (âtman) und so unsere Verbindung zu Gott erkennen.
Etwa 200-400 vor Christus schuf der Yogi Patanjali die Yoga Sutra. Dabei bedeutet Sutra soviel wie “Faden” und soll somit als Leitfaden zur Yogalehre dienen. Bei dem Text handelt es sich wohl um die wichtigste Grundlage der Philosophie des Yoga.
In den 196 Sutren in vier übergreifenden Kapiteln geht der Yogi Fragen nach der Freiheit des menschlichen Geistes nach. Nach Patanjali soll der Mensch eine tiefere Verbindung zum eigenen Bewusstsein eingehen und um das zu erreichen, muss er sich zuerst von seinen Ängsten, Wünschen, Gedanken, Erinnerungen und von seiner Reue befreien.
Dabei steht das Bewusstsein im Vordergrund, dass unsere Wahrnehmung nicht Wirklichkeit, sondern viel mehr Illusion ist, und dass noch eine andere Welt existiert, die “wahrhaftig” ist. Wenn wir unseren Geist nun kontrollieren lernen, können wir lernen, unsere flüchtigen Wahrnehmungen, Gedanken und Gefühle als das zu erkennen, was sie sind – individuelle Eindrücke der Realität und nicht die Realität selbst. So soll es gelingen, unseren eigenen Geist gleichzeitig zu hinterfragen und dazu einzusetzen, die wahre Welt zu sehen.
Wichtiger Bestandteil der Lehre Patanjalis bildet in den mittleren Kapiteln der Sutra die Ashtanga Yoga-Philosophie. Die Lehre setzt sich aus den beiden Worten Ashta (=Acht) und Anga (=Glied) zusammen und steht somit für die Acht Glieder oder Bestandteile des Yoga.
Alle acht Pfade sind wichtig, um Ashtanga Yoga zu lernen. Denn nur wer jede dieser einzelnen Komponenten beherrscht und sie miteinander vereint, kann Patanjali zufolge den Zustand der Erleuchtung erreichen.
Patanjali, Sutra, Asana und Samadhi mögen auf den ersten Blick wie exotische Wörter aus einer alten Welt klingen. Dabei können wir jedoch auch heute viel von der Philosophie lernen. Wir leben in einer Welt, in der alle 20 Minuten das Smartphone klingelt, in der wir allzeit und überall für unsere Außenwelt erreichbar sind - und sei es von der anderen Seite der Welt. Uns und unserem Geist näherzukommen, Ruhe zu finden und Verbindung nach Innen, anstatt nach Außen zu suchen, könnte genau das sein, was wir anstatt dessen brauchen.
Dabei kann uns Yoga nicht nur beibringen, uns selbst näherzukommen und besser zu verstehen, sondern auch unsere Umwelt, Natur und Mitmenschen besser zu behandeln, freier zu leben und mehr Bewusstsein in unser Leben zu bringen. Wer weiß: Vielleicht erreichst auch Du irgendwann Samadhi, den erleuchteten Zustand. Vergiss nur nicht, ein Schild an die Tür zu hängen, damit es Dir nicht wie den Yogis vergangener Zeiten ergeht.